Behauptung
"Die
Vereinten Nationen haben Palästina ungerecht aufgeteilt."
"Der Teilungsplan wies den Großteil des Landes, insbesondere
das gesamte nutzbare Ackerland, den Juden zu."
"Israel hat 1948 ganz Palästina usurpiert."
"Den palästinensischen Arabern wurde nie ein Staat angeboten
und somit das Recht auf Selbstbestimmung verweigert."
"Die Mehrheit der Bevölkerung Palästinas war arabisch;
aus diesem Grund hätte ein arabischer Gesamtstaat geschaffen
werden müssen."
"Um Blutvergießen zu vermeiden, waren die
Araber zum Kompromiss bereit."
"Die Sowjetunion hat sich der Teilung vehement widersetzt."
Behauptung
"Die Vereinten Nationen haben Palästina ungerecht aufgeteilt."
Tatsache
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde allmählich das ganze
Ausmaß des Holocaust bekannt. Das Entsetzen darüber beschleunigte
die Forderung nach einer Lösung der Palästinafrage, damit
die Überlebenden von Hitlers "Endlösung" Zuflucht
in einer eigenen Heimat finden konnten.
Die Briten versuchten, ein Abkommen auszuarbeiten, das sowohl für
Araber als auch für Juden annehmbar war. Da sie jedoch auf die
Zustimmung der Araber bestanden, waren ihre Bemühungen von vornherein
zum Scheitern verurteilt, denn die Araber waren zu keinen Zugeständnissen
bereit. Im Februar 1947 wurde die Angelegenheit schließlich
den Vereinten Nationen übergeben.
Die Vereinten Nationen richteten ein Sonderkomitee
für Palästina (UNSCOP) ein, das den Auftrag hatte, eine
Lösung für die Palästinafrage zu finden. Delegierte
aus elf Nationen* machten sich auf den Weg, um festzustellen, was
seit langem bekannt war: Die nationalen Bestrebungen von Juden und
Arabern bildeten einen unversöhnlichen Gegensatz.
Die gegensätzlichen Haltungen der beiden Gruppen "weckten
unweigerlich den Eindruck, dass die Juden von der Rechtmäßigkeit
ihrer Sache überzeugt und bereit waren, sie vor einem unvoreingenommenem
Tribunal zu vertreten, wohingegen die Araber sich der Rechtmäßigkeit
ihrer Ansprüche weniger sicher waren oder aber Angst hatten,
sich dem Richterspruch der Nationen zu beugen."1
Obwohl die meisten Mitglieder der Kommission sich
darüber im Klaren waren, dass notwendig ein Kompromiss gefunden
werden musste, war ein solcher angesichts der starren Haltung der
beiden Parteien nur schwer vorstellbar. Bei einem Treffen mit einer
arabischen Delegation in Beirut erklärte das tschechoslowakische
Kommissionsmitglied: "Ich habe Ihre Forderungen gehört und
den Eindruck gewonnen, dass der Kompromiss in Ihren Augen folgendermaßen
aussähe: Unsere Forderungen sollen in allen Punkten erfüllt
werden; der Rest kann unter den Übrigen aufgeteilt werden."2
Bei ihrer Rückkehr empfahlen die Delegierten von sieben Nationen
- Kanada, Tschechoslowakei, Guatemala, Niederlande, Peru, Schweden
und Uruguay - die Gründung zweier getrennter Staaten, eines jüdischen
und eines arabischen, die in einer Wirtschaftsunion verbunden werden
sollten; die Stadt Jerusalem sollte unter internationale Verwaltung
gestellt werden. Drei Nationen - Indien, der Iran und Jugoslawien
- empfahlen einen Gesamtstaat mit arabischen und jüdischen Provinzen.
Australien enthielt sich der Stimme.
Die palästinensischen Juden waren zwar nicht
zufrieden mit dem kleinen Gebiet, das die Kommission ihnen zuweisen
wollte, und ganz und gar nicht glücklich darüber, dass Jerusalem
vom jüdischen Staat getrennt werden sollte, erklärten sich
aber dennoch mit dem Kompromiss einverstanden. Die Araber lehnten
den Vorschlag des UNSCOPs rigoros ab.
Die daraufhin einberufene Vollversammlung der Vereinten Nationen schlug
die arabische Forderung nach einem arabischen Gesamtstaat aus. Die
mehrheitliche Empfehlung einer Teilung wurde am 29. November 1947
mit 33 zu 13 Stimmen bei 10 Stimmenthaltungen angenommen.3
"Es ist kaum einzusehen,
inwiefern die arabische Welt, und noch viel weniger die palästinensischen
Araber, unter der Anerkennung einer Sache leiden sollten, die längst
eine feste Tatsache ist - die Anwesenheit einer geschlossenen, gut
organisierten und praktisch autonomen jüdischen Gemeinschaft
in Palästina."
Leitartikel der London Times 4
Behauptung
"Der Teilungsplan wies den Großteil des Landes, insbesondere
das gesamte nutzbare Ackerland, den Juden zu."
Tatsache
Der von den Vereinten Nationen vorgelegte Teilungsplan wirkte wie
ein Schachbrett, da die jüdischen Städte und Dörfer
über ganz Palästina verteilt waren. Das komplizierte den
Plan jedoch weit weniger als die Tatsache, dass der hohe Lebensstandard
in den jüdischen Städten zu einem starken Zustrom von Arabern
geführt hatte, sodass eine wie auch immer geartete Teilung zur
Folge hatte, dass der jüdische Staat einen nicht unerheblichen
arabischen Bevölkerunganteil aufwies. Da man einsah, dass die
Juden weiteres Siedlungsland brauchten, wies der Mehrheitsvorschlag
den Juden Landgebiete im Norden des Landes, in Galiläa und in
der großen, unfruchtbaren Negevwüste im Süden zu.
Der Rest Palästinas sollte den arabischen Staat bilden.
Die Grenzziehung bei der Aufteilung des Landes war
lediglich an demografischen Gesichtspunkten orientiert. Sicherheitsüberlegungen
hatten dabei keine Rolle gespielt. Damit waren die neuen Landesgrenzen
des israelischen Staates praktisch nicht zu verteidigen.
Was die Lage noch weiter komplizierte, war das Festhalten der Mehrheit
der Vereinten Nationen an einem von beiden palästinensischen
Staaten unabhängigen Jerusalem, das unter internationaler Verwaltung
stehen sollte. Auf diese Weise wurden die über 100000 in Jerusalem
lebenden Juden praktisch von ihrem Land abgeschnitten, weil sie von
arabischem Gebiet umgeben waren.
Es gab und gibt immer wieder Stimmen, die behaupten,
die Vereinten Nationen hätten damals alles fruchtbare Land den
Juden, den Arabern dagegen nur unfruchtbares Bergland zuweisen wollen.
Das ist nicht richtig. Immerhin sollten etwa 60 Prozent des künftigen
jüdischen Staates im Negev liegen.
Insgesamt stellten die Araber die Mehrheit der Bevölkerung Palästinas
- das Verhältnis betrug 1,2 Millionen Araber zu 600000 Juden.
Die restriktive Einwanderungspolitik der Briten hatte erfolgreich
verhindert, dass die Juden die Mehrheit im Land bildeten. Araber dagegen
hatten die ganze Zeit über ungehindert zuwandern dürfen
- eine Gelegenheit, die Tausende wahrnahmen - und waren so zu Nutznießern
der rapiden Entwicklung geworden, die die zionistische Besiedlung
in Gang gesetzt hatte. In den Gebieten, die ihnen bei der Teilung
zugewiesen worden waren, und in Jerusalem bildeten die Juden die Mehrheit.
In dem durch die Teilung geschaffenen Staat Israel
lebten neben etwa 600000 Juden ca. 350000 Araber. Etwa 92000 Araber
wohnten in den Städten Tiberias, Safed, Haifa und Bet Shean.
Weitere 40000 waren Beduinen, die größtenteils in der Wüste
lebten. Der Rest der arabischen Bevölkerung war über den
ganzen jüdischen Staat verteilt und besaß den größten
Teil der landwirtschaftlichen Nutzflächen.5
Nach einer im Jahr 1948 im Rahmen einer Erhebung
über Palästina erstellten britischen Statistik waren 8,6
Prozent des Landes, das den jüdischen Staat bildete, im Besitz
von Juden und 3,3 Prozent im Besitz von israelischen Arabern. Weitere
16,9 Prozent waren von Arabern, die das Land verlassen hatten, aufgegeben
worden. Der Rest - über 70 Prozent - lag in den Händen der
Mandatsregierung und wurde nach dem Abzug der Briten unter israelische
Hoheit gestellt. 6
Behauptung
"Israel hat 1948 ganz Palästina usurpiert."
Tatsache
Etwa 80 Prozent der Gesamtfläche, die das historische Palästina
und die nationale jüdische Heimstätte bildete, wie der Völkerbund
sie definiert hatte, wurde von den Briten im Jahr 1922 abgeteilt und
dem späteren Transjordanien zugeschlagen. In diesem Gebiet durften
sich keine jüdischen Siedler niederlassen. Die restlichen 20
Prozent Palästinas teilten die Vereinten Nationen in zwei Staaten
auf. Mit der Annexion der Westbank durch Jordanien im Jahr 1950 kontrollierten
die Araber etwa 80 Prozent des ehemaligen Mandatsgebiets, wohingegen
der jüdische Staat knapp 17,5 Prozent besaß (den Rest bildete
das von den Ägyptern besetzte Gaza).
Behauptung
"Den palästinensischen Arabern wurde nie ein Staat angeboten
und somit das Recht auf Selbstbestimmung verweigert."
Tatsache
Die Peel-Kommission kam 1937 zu dem Schluss, dass der einzig logische
Ausweg angesicht der unvereinbaren Ziele der Juden und Araber in der
Teilung Palästinas in zwei getrennte Staaten - einen jüdischen
und einen arabischen - bestand. Die Araber lehnten den Teilungsplan
aus zwei Gründen ab: Sie wären damit gezwungen gewesen,
die Gründung eines jüdischen Staates zu akzeptieren, und
sie hätten es hinnehmen müssen, dass Teile der Palästinenser
unter "jüdischer Herrschaft" lebten. Die Einwände
der Zionisten richteten sich vor allem gegen die Landesgrenzen, die
der Peel-Plan vorsah, weil ihr Lebensraum dadurch auf ein Territorium
beschränkt worden wäre, das kaum größer als ein
Getto war: auf 1900 der insgesamt 10300 Quadratmeilen, die das noch
verbliebene Palästina umfasste. Dennoch waren die Zionisten bereit,
mit den Briten zu verhandeln, wohingegen die Araber sich rundweg weigerten,
über Kompromisse auch nur nachzudenken.
Im britischen Weißbuch von 1939 wurden abermals
die Gründung eines arabischen Staates innerhalb eines Zeitraums
von zehn Jahren sowie eine Einwanderungsbeschränkung für
Juden auf 75000 Personen in den nächsten fünf Jahren beschlossen.
Danach sollten gar keine Juden mehr ohne Zustimmung der arabischen
Bevölkerung ins Land gelassen werden. Obwohl man den Arabern
im Blick auf die jüdische Einwanderung also große Zugeständnisse
machte und obwohl man ihnen sogar die Unabhängigkeit angeboten
hatte - die ja das erklärte Ziel der arabischen Nationalisten
war -, lehnten sie das "White Paper" ab.
Mit der Teilung sollten die Palästinenser einen eigenen Staat
und die Möglichkeit der Selbstbestimmung erhalten. Auch das wurde
abgelehnt.
Behauptung
"Die Mehrheit der Bevölkerung Palästinas war arabisch;
aus diesem Grund hätte ein arabischer Gesamtstaat geschaffen
werden müssen."
Tatsache
Zur Zeit der Teilungsresolution für Palästina im Jahr 1947
bildeten die Araber die Mehrheit im westlichen Palästina - das
Verhältnis betrug 1,2 Millionen Araber zu 600000 Juden.7 Nur in dem Gebiet, das den Juden zugewiesen worden war, und in Jerusalem,
gab es eine jüdische Mehrheit.
Vor dem Mandat 1922 war die arabische Bevölkerung Palästinas
ständig zurückgegangen. Doch nachdem die Briten das Mandat
über Palästina erhalten hatten, setzte ein stetiger Zustrom
von Arabern aus den umliegenden Ländern ein. Ein weiterer Grund
für die Zunahme der arabischen Bevölkerung lag darin, dass
die jüdischen Siedler die Hygienebedingungen und die medizinische
Versorgung in Palästina deutlich verbesserten.
Die Entscheidung, Palästina zu teilen, war nicht
allein auf Grund demografischer Erwägungen gefallen, sondern
basierte vor allem auf der Erkenntnis, dass die territorialen Ansprüche
von Juden und Arabern unvereinbar waren, sodass die Schaffung zweier
getrennter Staaten der logischste Schluss schien. Ironischerweise
befürworteten die arabischen Mitglieder der Vereinten Nationen
1947 - im gleichen Jahr, in dem sie die Teilung Palästinas ablehnten
- die Teilung des indischen Subkontinents und die Gründung des
neuen, vorwiegend muslimischen Staates Pakistan.
Behauptung
"Um Blutvergießen zu vermeiden, waren die Araber zum Kompromiss
bereit."
Tatsache
Als das Datum der Abstimmung über die Teilung näher rückte,
wurde klar, dass kaum noch Hoffnung auf eine politische Lösung
dieses Problems bestand, das letztlich die Möglichkeiten der
Politik sprengte: Die fehlende Bereitschaft der Araber, einen jüdischen
Staat in Palästina zu akzeptieren, auf der einen und die Weigerung
der Zionisten, sich mit weniger zufrieden zu geben, auf der anderen
Seite. Die Unversöhnlichkeit der Araber trat klar zu Tage, als
David Horowitz und Abba Eban, Vertreter der Jewish Agency, am 16.
September 1947 bei einem Treffen mit Azzam Pascha, dem Sekretär
der Arabischen Liga, einen letzten verzweifelten Versuch unternahmen,
doch noch einen Kompromiss zu erzielen. Pascha erklärte frank
und frei:
"Die arabische Welt ist zu keinem Kompromiss
bereit. Ihr Vorschlag, Mr. Horowitz, mag durchaus vernünftig
und logisch sein, doch über das Geschick von Völkern entscheiden
nicht Vernunft und Logik. Völker machen keine Zugeständnisse;
sie kämpfen. Mit friedlichen Mitteln oder Kompromissen erreicht
man gar nichts. Wenn man etwas erreicht, dann durch Waffengewalt.
Wir werden versuchen, euch zu schlagen. Ich bin nicht sicher, ob es
uns gelingen wird, aber wir werden es versuchen. Es ist uns gelungen,
die Kreuzfahrer zurückzuschlagen - andererseits haben wir Spanien
und Persien verloren. Vielleicht werden wir auch Palästina verlieren.
Doch es ist in jedem Fall zu spät, um noch von friedlichen Lösungen
zu sprechen."8
Behauptung
"Die Sowjetunion hat sich der Teilung vehement widersetzt."
Tatsache
Nachdem die Briten beschlossen hatten, die Palästinafrage den
Vereinten Nationen vorzulegen, fragte der Palästina-Berater von
Außenminister Ernest Bevin einen Vertreter der Jewish Agency,
warum die Juden die Entscheidung über das Schicksal Palästinas
den Vereinten Nationen überlassen wollten. "Wissen Sie denn
nicht", sagte er, "dass die Gründung eines jüdischen
Staates einzig und allein dann denkbar ist, wenn sowohl die USA als
auch die Sowjetunion zustimmen? So etwas ist noch nie da gewesen,
es kann überhaupt nicht geschehen, und es wird auch nie geschehen."
Dieser pessimistischen Aussage zum Trotz erklärte
der sowjetische Delegierte Adreij Gromyko im Mai 1947:
"Die Tatsache, dass kein westeuropäischer Staat im Stande
war, die Verteidigung der Grundrechte des jüdischen Volkes zu
gewährleisten und es vor der Gewalt der faschistischen Mörder
zu beschützen, macht den Wunsch der Juden begreiflich, einen
eigenen Staat zu gründen. Es wäre ungerecht, diesen Grund
nicht mit in Erwägung zu ziehen und das Recht des jüdischen
Volkes auf die Verwirklichung seines Wunsches zu leugnen."9
Wenige Monate später befürwortete die Sowjetunion die Teilung
und war damit die zweite Nation, die den Staat Israel anerkannte.
* Australien, Kanada, Tschechoslowakei, Guatemala, Indien, Iran, Niederlande,
Peru, Schweden, Uruguay und Jugoslawien.
1 Aharon Cohen: Israel and the Arab World; Boston: Beacon Press 1976,
S. 369-370.
2 Cohen, S. 212.
3 Für die Teilung stimmten: Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien,
Belorussische SSR, Kanada, Costa Rica, die Tschechoslowakei, Dänemark,
die Dominikanische Republik, Ecuador, Frankreich, Guatemala, Haiti,
Island, Liberia, Luxemburg, die Niederlande, Neuseeland, Nicaragua,
Norwegen, Panama, Paraguay, Peru, die Philippinen, Polen, Schweden,
die Ukraine, Südafrika, die UdSSR, die USA, Uruguay und Venezuela.
Gegen die Teilung stimmten: Afghanistan, Kuba, Ägypten, Griechenland,
Indien, der Iran, der Irak, der Libanon, Pakistan, Saudi-Arabien,
Syrien, die Türkei und der Jemen.
Stimmenthaltungen kamen von: Argentinien, Chile, China, Kolumbien,
El Salvador, Äthiopien, Honduras, Mexiko, England und Jugoslawien.
Jahrbuch der Vereinten Nationen, 1947-48; NY: United Nations 1949,
S. 246-47.
4 London Times, 1. Dezember 1947.
5 Cohen, S. 238.
6 Moshe Aumann, "Land Ownership in Palestine, 1880-1948",
in: Michael Curtis et al.: The Palestinians; NJ: Transaction Books
1975, S. 29, wo Seite 257 der Palästina-Studie zitiert wird.
7 Arieh Avneri: The Claim of Dispossession; NJ: Transaction Book 1974,
S. 252.
8 David Horowitz: State in the Making; NY: Alfred A. Knopf 1953, S.
233.
9 Vollversammlung der Vereinten Nationen, erste Sondersitzung, 14.
Mai 1947, UN Dokument A/PV 77.