Behauptungen
»Die
Gründung des Staates Israel erfolgte nur auf Druck der Amerikaner.«
»Die
Vereinigten Staaten haben Israel im Jahr 1948 lediglich auf Drängen
der jüdischen Lobby gegen die Araber unterstützt.«
»Die
meisten Amerikaner lehnen eine enge Beziehung der Vereinigten Staaten
zu Israel ab.«
»Die
amerikanische Politik war stets von einer feindseligen Haltung gegenüber
den Arabern bestimmt.«
»Die
Vereinigten Staaten stehen seit 1948 ausnahmslos auf der Seite Israels.«
»Die
Vereinigten Staaten haben Israel immer ausreichend mit Waffen versorgt,
um seine militärische Überlegenheit über die arabischen Staaten zu sichern.«
»Die
amerikanische Hilfe für den Nahen Osten war von jeher einseitig; die
Araber gingen dabei fast immer leer aus.«
»Die
Vereinigten Staaten haben Israel mit Millionen von Dollar unterstützt,
ohne je eine Rückzahlung zu erwarten.«
»Israel
fordert weiterhin hohe Zuwendungen an Wirtschaftshilfe, obwohl es als
reiches Land inzwischen nicht mehr auf Unterstützung angewiesen ist.«
»Israel
prahlt damit, dass es die viertstärkste Nation der Welt sei, folglich
dürfte es auch nicht mehr auf amerikanische Militärhilfe angewiesen
sein.«
»Die
amerikanische Militärhilfe unterstützt israelische Rüstungsunternehmen
auf Kosten der amerikanischen Industrie.«
»Israel
bekam durch amerikanische Kreditbürgschaften Milliarden von Dollar aus
der Tasche der amerikanischen Steuerzahler, mit denen dann in der Westbank
und im Gazastreifen neue Siedlungen für russische Juden errichtet wurden.«
»Israel
war zu keiner Zeit von irgendwelchem strategischen Wert für die Vereinigten
Staaten.«
»Die
amerikanische Unterstützung ermöglicht den Israelis ein bequemes Leben;
deshalb sehen sie keinen Grund, das Wirtschaftssystem ihres Landes zu
reformieren.«
»Der
israelische Protektionismus behindert den amerikanischen Handel.«
»Der
Auftrag an Jonathan Pollard, die Vereinigten Staaten auszuspionieren,
ist der Beweis, dass Israel gegen die amerikanischen Interessen arbeitet.«
»Israel
hat die USA unter falschen Vorspiegelungen dazu gebracht, dem Iran im
Austausch gegen Geiseln Waffen zu verkaufen, und hat mitgeholfen, den
Profit an die Contras weiterzuleiten.«
»Die
Abhängigkeit der Amerikaner vom arabischen Öl hat sich mit den Jahren
verringert.«
»Die
großen amerikanischen Ölgesellschaften pflegen im arabisch-israelischen
Konflikt nicht Partei zu ergreifen.«
»Die
Vereinigten Staaten und Israel haben nichts gemeinsam.«
Behauptung
»Die Gründung des Staates Israel erfolgte
nur auf Druck der Amerikaner.«
Tatsache
Als die Vereinten Nationen anfingen,
sich mit der Palästinafrage zu befassen, sagte Präsident Harry Truman
ausdrücklich, dass die Vereinigten Staaten »keinerlei Drohungen anwenden
und keinen unangemessenen Druck auf die anderen Delegationen ausüben«
sollten.1 Ein gewisser Druck wurde zwar trotzdem ausgeübt
– immerhin spielten die Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle bei
der Unterstützung der Teilungsresolution –, aber der amerikanische Einfluss
war keineswegs unbegrenzt, wie ganz deutlich wurde, als von Amerika
abhängige Staaten wie Kuba und Griechenland gegen die Teilung stimmten
und El Salvador und Honduras sich der Stimme enthielten.
Viele Mitglieder der Truman-Regierung
lehnten die Teilung ab, darunter auch Verteidigungsminister James Forrestal,
der der Ansicht war, dass die zionistischen Ziele die amerikanische
Ölversorgung und die strategische Position der USA in der Region gefährdeten.
Die Militärs befürchteten, dass die Araber sich, wenn sie dem Westen
entfremdet wurden, mit der Sowjetunion verbünden würden. Diese Gegner
in den eigenen Reihen taten alles, um die amerikanische Unterstützung
der Gründung eines jüdischen Staates zu unterlaufen.2
Insgesamt wurde viel über die Schachzüge
der Befürworter der Teilung geschrieben, das Verhalten der arabischen
Staaten dagegen wurde weitgehend ignoriert. Dabei übten sie ihrerseits
nicht unbeträchtlichen Druck auf die Vereinten Nationen aus, den Teilungsplan
wieder fallen zu lassen.3
Behauptung
»Die Vereinigten Staaten haben Israel
im Jahr 1948 lediglich auf Drängen der jüdischen Lobby gegen die Araber
unterstützt.«
Tatsache
Truman unterstützte die zionistische
Bewegung, weil er der Auffassung war, die internationale Gemeinschaft
trage die Verantwortung dafür, dass die Versprechungen der Balfour-Erklärung
eingelöst würden, und weil er es als ein Gebot der Menschlichkeit ansah,
das Elend der jüdischen Überlebenden des Holocaust nicht noch zu vergrößern.
Seiner Ansicht nach konnten die Rechte der Araber dadurch in keiner
Weise geschmälert werden. Einen Eindruck von seiner Überzeugung gewinnt
man aus einer Bemerkung Trumans im Zusammenhang mit den Verhandlungen
über die Grenzen des jüdischen Staates:
»Das ganze Gebiet harrt noch der Entwicklung,
und wenn dort vorgegangen würde, wie wir bei der Entwicklung des Tennessee-Beckens
verfahren sind, könnten 20 bis 30 Millionen mehr Menschen von diesem
Land leben. Einer solchen Zukunft den Weg zu bereiten, wäre ein wirklich
konstruktives und den Geboten der Menschlichkeit folgendes Unterfangen,
durch das zudem die im Ersten Weltkrieg gegebenen Versprechen eingelöst
würden.«4
Die amerikanische Öffentlichkeit unterstützte
die Politik des Präsidenten. Meinungsumfragen ergaben, dass 65 Prozent
der Amerikaner für die Gründung eines jüdischen Staates waren. Allein
im letzten Quartal des Jahres 1947 gingen 62850 Postkarten, 1100 Briefe
und 1400 Telegramme im Weißen Haus ein, in denen der Präsident gedrängt
wurde, den amerikanischen Einfluss bei den Vereinten Nationen geltend
zu machen.5
Diese öffentliche Front spiegelte sich
auch im Kongress, wo im Jahr 1922 eine Resolution zur Unterstützung
der Balfour-Erklärung verabschiedet wurde. 1944 forderten beide amerikanische
Parteien die Wiederherstellung des jüdischen Staatswesens, und 1945
verabschiedete der Kongress eine ähnlich lautende Resolution.
Weit entfernt, dem Druck nachzugeben,
war Truman im Gegenteil geneigt, der »jüdischen Lobby« entgegenzutreten.
Er beklagte sich wiederholt darüber, dass er unter Druck gesetzt würde,
und meinte, demnächst würde er die jüdische Propaganda auf einen Haufen
werfen und ein Streichholz daran halten. In einem Brief an den Abgeordneten
Claude Pepper schrieb Truman: »Wenn die Zionisten sich nicht so massiv
eingemischt hätten, hätten wir die Sache schon vor anderthalb Jahren
beilegen können.«6 Dies ist wohl kaum die Äußerung eines
Mannes, dem übermäßig an den Stimmen den Juden gelegen war.
Behauptung
»Die meisten Amerikaner lehnen eine
enge Beziehung der Vereinigten Staaten zu Israel ab.«
Tatsache
Die Unterstützung, die Israel von amerikanischer
Seite zuteil wird, kommt keineswegs nur von den Juden in den USA; im
Gegenteil, Amerikaner aller Altersstufen, Rassen- und Religionszugehörigkeiten
sympathisieren mit Israel. Diese Haltung ist auch an keine Partei gebunden;
so steht die Mehrheit der Demokraten und Republikaner auf Seiten Israels
und nicht auf Seiten der Araber.
Den besten Beleg für Amerikas Einstellung
zu Israel liefert die Antwort auf die wohl am häufigsten gestellte Frage
über den Nahen Osten: »Wo liegen Ihre Sympathien in der Nahostfrage:
auf Seiten Israels oder auf Seiten der arabischen Völker?« Die meisten
Befragungen zu diesem Thema führte Gallup durch. Seit 1967 besagen die
Befragungsergebnisse, dass etwa 50 Prozent der amerikanischen Bevölkerung
auf Seiten der Israelis sind.
Manche Leute sind der irrigen Ansicht,
dass die Sympathien für Israel früher sehr viel größer waren. Tatsächlich
lag die Spitze vor dem Golfkrieg bei 56 Prozent – diesen Gipfel erreichte
die Sympathiekurve nach dem Sechs-Tage-Krieg. Im Januar 1991 kletterte
sie jedoch laut Gallup auf eine Rekordhöhe von 64 Prozent. In der gleichen
Zeit fiel die Unterstützung für die Araber um acht Prozentpunkte.
In 54 von Gallup durchgeführten Meinungsumfragen,
die bis ins Jahr 1967 zurückreichen, standen durchschnittlich 45 Prozent
der amerikanischen Bevölkerung auf Seiten Israels und etwas über zwölf
Prozent auf Seiten der arabischen Staaten bzw. der Palästinenser. Dabei
hegen die Amerikaner für die Palästinenser etwas mehr Sympathie als
für die arabischen Staaten, doch die Ergebnisse von Umfragen, in denen
die Leute gebeten wurden, zwischen Israel und den Palästinensern zu
wählen, unterschieden sich kaum von denen der anderen Umfragen.
Die jüngste Meinungserhebung vom Februar
2001 ergab, dass die Sympathien für Israel bei 51, die für die Palästinenser
dagegen bei nur 16 Prozent lagen. Das ist die höchste Zahl seit August
1991, doch auch sie liegt noch unter den gleich bleibend hohen pro-israelischen
Quoten während des Golfkriegs. Die Ergebnisse dieser Umfrage kamen insofern
überraschend, als sie in einer Zeit der eskalierenden Gewalt zwischen
Israelis und Palästinensern und unmittelbar vor der erwarteten Wahl
des »Hardliners« Ariel Sharon vom Likudblock durchgeführt wurde.
Seit 1998 waren etwa drei Viertel der
Befragten der Meinung, dass die Vereinigten Staaten sich aus dem Konflikt
heraushalten sollten, doch die überwältigende Mehrheit derer, die trotzdem
Stellung beziehen, sind für Israel (15-17 Prozent, gegen 1-2 Prozent
für die Palästinenser). Über drei Viertel der Amerikaner sind außerdem
der Ansicht, dass der israelisch-palästinensische Friede für die Vereinigten
Staaten von großer Bedeutung ist.
Darüber hinaus deuten die Umfragen darauf
hin, dass Israel als verlässlicher Bündnisparter der USA angesehen wird
– ein Eindruck, der sich in der Golfkrise noch verstärkte. So ergab
zum Beispiel eine im Januar 1991 von Harris durchgeführte Umfrage, dass
86 Prozent der Amerikaner Israel für einen »engen Verbündeten« oder
»Amerika freundlich gesonnen« halten. Das war das höchste Ergebnis,
zu dem eine von Harris durchgeführte Umfrage je gelangte. Im März 1991
ergab eine Umfrage von ABC/Washington Post, dass Israel sich mit seinem
Verhalten während des Krieges den Respekt von 69 Prozent der Amerikaner
erworben hatte.
Behauptung
»Die amerikanische Politik war stets
von einer feindseligen Haltung gegenüber den Arabern bestimmt.«
Tatsache
Auf arabischer Seite wird so gut wie
gar nicht anerkannt, dass die Amerikaner sie in ihrem Bestreben nach
Unabhängigkeit unterstützt haben. Immerhin hat Präsident Wilsons das
Einstehen für die Selbstbestimmung aller Völker und den Eintritt der
Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg, die Auflösung des osmanischen
Reiches und den Weg in die Unabhängigkeit für die arabische Welt ganz
entscheidend beschleunigt.
Die Araber waren stets der Auffassung,
dass die amerikanische Nahostpolitik ein Nullsummenspiel sei, sodass
die Unterstützung ihres Feindes Israel zwangsläufig eine Benachteiligung
der arabischen Staaten zur Folge habe. Aus diesem Grund haben sie immer
wieder versucht, die Vereinigten Staaten zur Entscheidung zwischen Israel
und den arabischen Staaten zu zwingen, doch den USA gelang es bisher,
dieser Entweder-oder-Falle auszuweichen. Die Tatsache, dass die Vereinigten
Staaten ein enges Verhältnis zu Israel haben und gleichzeitig gute Beziehungen
zu mehreren arabischen Staaten unterhalten, ist der Beweis, dass beides
keineswegs unvereinbar ist.
Die USA bemühten sich seit langem um
freundschaftliche Beziehungen zu den arabischen Regierungen und standen
mit den meisten arabischen Staaten zumindest zeitweise auf gutem Fuß.
In den Dreißgerjahren des 20. Jahrhunderts führte die Entdeckung von
Erdöl zu engen Beziehungen zwischen den amerikanischen Mineralölgesellschaften
und den Golfstaaten. In den Fünfzigerjahren versuchten die USA aus strategischen
Erwägungen, Bündnisse mit den pro-westlichen arabischen Staaten zu schließen.
Mit dem Irak und Libyen zum Beispiel war Amerika anfangs befreundet;
das änderte sich erst, als dort radikale Führer an die Macht kamen.
Ägypten wiederum, das den Vereinigten Staaten unter Nasser feindlich
gesonnen war, schwenkte unter Sadat ins pro-westliche Lager über.
Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die
Vereinigten Staaten der gesamten Region immer wieder finanzielle Hilfe
zukommen lassen; Jordanien, Saudi-Arabien, Marokko, Ägypten und die
Scheichtümer am Golf werden heute noch von Amerika unterstützt. Auch
wenn die arabischen Staaten den USA die Schuld an ihren Niederlagen
in den Kriegen mit Israel gaben, bleibt die Tatsache bestehen, dass
die meisten von ihnen zu irgendeinem Zeitpunkt amerikanische Hilfe erhielten
bzw. dass ihnen diese Hilfe zumindest angeboten wurde.
Gelegentlich hatte es den Anschein,
als würden die USA vor den arabischen Übergriffen gegen andere arabische
Staaten die Augen verschließen. 1963 zum Beispiel erkannte Amerika die
Marionettenregierung der Ägypter im Jemen an. 1991, als Saddam Husseins
Angriff auf Kuwait zurückgeschlagen wurde, sah die Bush-Regierung weg,
als Syrien seine Annexion des Libanon vollendete.
Während Israel einzig und allein auf
die Hilfe der Vereinigten Staaten zählen konnte, wurden die arabischen
Staaten stets von mehreren westlichen Ländern sowie von der Sowjetunion
und deren Verbündeten unterstützt.
»Die alliierten Nationen haben die vollste
Zustimmung unserer Regierung und unseres Volkes, dass in Palästina der
Grundstein für ein jüdisches Gemeinwesen gelegt werden soll.«
Präsident Woodrow Wilson
Behauptung
»Die Vereinigten Staaten stehen seit
1948 ausnahmslos auf der Seite Israels.«
Tatsache
Die Vereinigten Staaten waren stets
Israels engster Verbündeter, und doch haben sie häufig den Wünschen
des jüdischen Staates zuwider gehandelt.
Von Anfang an waren die USA bemüht,
ein Gegengewicht zu ihrer Unterstützung Israels zu schaffen und die
Araber ihrerseits zufrieden zu stellen. Das zeigte sich schon 1948,
als Truman in der Frage der Teilung schwankend zu werden schien und
auf einmal einer treuhänderischen Verwaltung durch die Vereinten Nationen
zuneigte. Nachdem die arabischen Anliegerstaaten in Israel einmarschiert
waren, verhängten die Vereinigten Staaten ein Waffenembargo, das die
Möglichkeit der Juden zur Selbstverteidigung stark einschränkte.
Nach dem Krieg von 1948 waren die Vereinigten
Staaten nicht bereit, Umsiedlungsprojekte für arabische Flüchtlinge
einzufordern. Auch haben sie stets gezögert, Verletzungen der UN-Charta
und UN-Resolutionen durch die Araber zu verurteilen; so blieben zum
Beispiel die arabische Blockade des Suezkanals, der arabische Wirtschaftsboykott
gegen Israel und viele Terroranschläge in Israel ungeahndet. Im Gegenteil:
Die USA ergriffen in den Vereinten Nationen häufiger gegen Israel Partei
als für das Land und machten erst 1972 erstmals von ihrem Vetorecht
im Sicherheitsrat Gebrauch, um eine anti-israelische Resolution zu verhindern.
Wie stark die amerikanische Politik
von der Israels abweicht, wurde während der Suezkrise deutlich, als
Präsident Eisenhower entschieden Position gegen England, Frankreich
und Israel bezog. Nach dem Krieg wurde Israel auf Druck der Amerikaner
gezwungen, sich aus den eroberten Gebieten zurückzuziehen. David Ben-Gurion
verließ sich damals auf zweifelhafte amerikanische Garantien, die letztlich
die Saat für den Krieg von 1967 legten.
Doch noch bei vielen anderen Gelegenheiten
haben amerikanische Präsidenten gegen die Interessen Israels gehandelt.
1981 zum Beispiel hob Ronald Reagan ein Abkommen zur wechselseitigen
Zusammenarbeit auf, nachdem Israel die Golanhöhen annektiert hatte.
In einem anderen Fall verzögerte er die Auslieferung von Kampfflugzeugen,
weil er über einen israelischen Vergeltungsschlag im Libanon verärgert
war.
1991 bat Präsident Bush in einer Pressekonferenz
um Aufschub der Entscheidung über Israels Bitte um finanzielle Unterstützung
für die Integration der vielen ins Land strömenden sowjetischen und
äthiopischen Juden; als Grund dafür gab er an, dass er nicht mit Israels
Siedlungspolitik einverstanden sei. Bush warf sein ganzes Ansehen in
die Waagschale, um den Aufschub zu erzwingen, und bediente sich dabei
einer derart unbeherrschten Sprache, dass die Wogen der Leidenschaft
allgemein hoch schlugen und die jüdische Gemeinschaft ein Aufflammen
antisemitischer Ressentiments befürchtete.
Auch Bill Clinton, der immer wieder
als der israelfreundlichste Präsident der Geschichte hingestellt wurde,
übte bei zahlreichen Gelegenheiten Kritik an Israel. Und auch die neue
Bush-Regierung verurteilte Israel bereits in den ersten Monaten ihrer
Amtszeit mehrfach für Aktionen, die in ihren Augen den amerikanischen
Interessen abträglich waren.
Behauptung
»Die Vereinigten Staaten haben Israel
immer ausreichend mit Waffen versorgt, um seine militärische Überlegenheit
über die arabischen Staaten zu sichern.«
Tatsache
Bis zum Jahr 1962 haben die Vereinigten
Staaten Israel nur in beschränktem Umfang Waffen geliefert, darunter
Munition und rückstoßfreie Gewehre. 1962 verkaufte Präsident Kennedy
dann HAWK-Flugabwehrraketen an Israel, allerdings erst, nachdem die
Sowjetunion Langstreckenbomber an Ägypten geliefert hatte.
1965 waren die USA Israels wichtigster
Waffenlieferant geworden. Das lag zum Teil daran, dass Westdeutschland
dem arabischen Druck nachgegeben hatte und keine Panzer mehr an Israel
lieferte. Während des größten Teils der Amtszeit von Präsident Johnson
standen dem Verkauf von Waffen an Israel jedoch entsprechende Waffenlieferungen
an die Araber gegenüber. So wurde die erste Lieferung amerikanischer
Panzer an Israel im Jahr 1965 durch eine ähnliche Lieferung an Jordanien
aufgewogen.7
Flugzeuge lieferten die USA erst ab
1966 an Israel. Doch auch in diesem Fall wurden gleichzeitig Geheimabkommen
über die Lieferung des gleichen Flugzeugtyps an Marokko und Libyen getroffen,
während der Libanon, Saudi-Arabien und Tunesien weitere militärische
Ausrüstung erhielten.8
Im Sechs-Tage-Krieg verhängten die Vereinigten
Staaten wie schon 1948 ein Waffenembargo über Israel, wohingegen die
arabischen Staaten weiterhin mit sowjetischen Waffen versorgt wurden.
Israels Position wurde zusätzlich geschwächt durch den Beschluss der
Franzosen, keine Waffen mehr an den jüdischen Staat zu liefern, womit
auch sein zweiter wichtiger Waffenlieferant ausfiel.
Erst als sich zeigte, dass Israel auf
die USA angewiesen war und die Sowjetunion keine Bereitschaft erkennen
ließ, ihre Lieferungen in das Krisengebiet einzuschränken, erklärte
sich Präsident Johnson bereit, Israel Phantomjäger zu verkaufen, die
dem jüdischen Staat zum ersten Mal einen militärischen Vorsprung verschafften.
»Wir werden in Zukunft zum wichtigsten Waffenlieferanten Israels werden«,
erklärte der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Warnke gegenüber
dem israelischen Botschafter Yitzhak Rabin, »und uns intensiver für
die Sicherheit Israels engagieren und sie stärker mit der Sicherheitspolitik
der USA verknüpfen.«9
Von diesem Zeitpunkt an verfolgten die
Vereinigten Staaten eine Politik, die Israels militärische Überlegenheit
über die arabischen Staaten sicherte. Daneben achteten sie jedoch immer
darauf, auch die Araber mit Waffen zu versorgen. So lieferten sie hoch
entwickelte Raketen, Panzer und Flugzeuge an Jordanien, Marokko, Ägypten,
Saudi-Arabien und die Golfstaaten, und 1978 erhielten außer Israel auch
Ägypten und Saudi-Arabien F-15-Kampfjets. 1981 wurde dann erstmals ein
Waffensystem an Saudi-Arabien geliefert, das dem Land einen militärischen
Vorsprung vor Israel verschaffte – AWACS-Radarflugzeuge.
Heute versucht Israel, möglichst Spitzentechnologie
aus den USA zu bekommen, aber auch viele arabische Staaten erhalten
Panzer, Flugzeuge und Raketen der neuesten Generation von den Amerikanern.
Der Vorsprung mag noch vorhanden sein, aber er ist hauchdünn geworden.
»Die Vereinigten Staaten und Israel
haben viele gemeinsame Ziele ... deren wichtigstes die Schaffung einer
besseren Welt ist, in der jede Nation ihre Ressourcen ausschöpfen und
sich in Frieden und Freiheit entwickeln kann.«
Präsident Lyndon B. Johnson
Behauptung
»Die amerikanische Hilfe für den Nahen
Osten war von jeher einseitig; die Araber gingen dabei fast immer leer
aus.«
Tatsache
Nach Israels Sieg im Unabhängigkeitskrieg
entsprachen die Vereinigten Staaten der israelischen Bitte um Wirtschaftshilfe,
damit der neue Staat Einwanderer aufnehmen konnte. Sie sagten Israel
135 Millionen Dollar in Form von Bürgschaftsdarlehen und Verkäufen von
Überschussprodukten zu. In diesen Anfangsjahren nach der Staatsgründung
(wie auch heute noch) wurde die amerikanische Finanzhilfe als eine Möglichkeit
zur Förderung des Friedensprozesses betrachtet.
1951 stimmte der Kongress dafür, Israel
bei den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu helfen, die durch die große
Zahl von Einwanderern – jüdischen Flüchtlingen aus den Vertriebenenlagern
in Europa und den Gettos in den arabischen Ländern – entstanden waren.
Daraufhin beklagten sich die Araber, dass sie von den Vereinigten Staaten
benachteiligt würden, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt gar kein Interesse
und auch keinen Bedarf an amerikanischer Hilfe hatten. Syrien zum Beispiel
lehnte 1951 amerikanische Hilfsangebote ab. Die reichen Ölstaaten Irak
und Saudi-Arabien brauchten die amerikanische Unterstützung nicht, und
Jordanien stand bis Ende der Fünfzigerjahre sozusagen unter britischer
Vormundschaft. Nach 1957, als die USA Jordanien zu unterstützen begannen
und die Wirtschaftshilfe für Ägypten anlief, wurde die amerikanische
Hilfe für die arabischen Staaten auf eine breite Basis gestellt. Darüber
hinaus leisteten die Vereinigten Staaten durch die Flüchtlingsorganisation
der UNO (UNRWA) von Anfang an bei weitem die größten Zahlungen an die
palästinensischen Hilfsfonds, und das ist bis heute so geblieben.
Israel hat von den Vereinigten Staaten
seit dem Zweiten Weltkrieg am meisten direkte Hilfe bekommen, doch in
der ersten Hälfte dieses Zeitraums waren die Summen noch relativ niedrig.
Zwischen 1949 und 1973 zahlten die USA jährlich durchschnittlich 122
Millionen Dollar im Jahr an Israel, insgesamt 3,1 Milliarden (davon
allein 1971-1973 über eine Milliarde als Darlehen für die militärische
Aufrüstung). Vor 1971 erhielt Israel nur insgesamt 277 Millionen Militärhilfe,
durchgängig als Darlehen. Auch der größte Teil der amerikanischen Wirtschaftshilfe
ging an Israel. Aber auch die arabischen Staaten erhielten drei Mal
so hohe Summen wie vor 1971, insgesamt 4,4 Milliarden bzw. 170 Millionen
im Jahr. Darüber hinaus werden die arabischen Staaten im Gegensatz zu
Israel, das fast ganz von den Vereinigten Staaten abhängig ist, von
Asien, Osteuropa, der Sowjetunion und der Europäischen Gemeinschaft
unterstützt.
»Es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass unsere
Israelpolitik mit unserer Weltpolitik übereinstimmt; zweitens ist es
mein Wunsch, beim Aufbau Palästinas zu einem starken, blühenden, freien
und unabhängigen demokratischen Staat mitzuhelfen. Er muss groß, frei
und stark genug sein, um seinen Bewohnern Unabhängigkeit und Sicherheit
zu garantieren.« Präsident Truman, 28. Oktober 1948
Erst von 1974 an – also nach dem Krieg
von 1973 – erhielt Israel größere finanzielle Zuwendungen von den Amerikanern,
und nach den Abkommen von Camp David stiegen die Beträge noch einmal
stark an. Insgesamt hat das Land seit 1948 über 90 Milliarden Dollar
erhalten. Das ist eine eindrucksvolle Zahl, der faktische Wert der Finanzhilfe
für Israel wurde allerdings durch die Inflation geschmälert. Von 1987
bis 1999 blieb die Höhe der Hilfszahlungen konstant, der Wert des Geldes
nahm jedoch ständig ab.
Diejenigen arabischen Staaten, die Abkommen
mit Israel geschlossen haben, wurden dafür belohnt. So ist Ägypten seit
der Unterzeichnung des Friedensvertrags mit Israel der zweitgrößte Empfänger
amerikanischer Auslandshilfe (jährlich 2,2 Milliarden Dollar, Israel
bekommt drei Milliarden). Auch Jordanien kam in den Genuss höherer Zahlungen,
seit es einen Vertrag mit Israel schloss (über 200 Millionen statt wie
bisher 40 Millionen). Zudem wurden beiden Ländern ihre Schulden bei
den USA in Milliardenhöhe erlassen. Und seit den Abkommen von Oslo unterstützen
die Vereinigten Staaten auch die palästinensische Autonomiebehörde.
Behauptung
»Die Vereinigten Staaten haben Israel
mit Millionen von Dollar unterstützt, ohne je eine Rückzahlung zu erwarten.«
Tatsache
Die Wirtschaftssubventionen der Vereinigten
Staaten an Israel liefen 1959 aus. Von da an bis 1985 bestand die amerikanische
Unterstützung hauptsächlich in Krediten, die Israel zurückzahlte, und
Überschussprodukten, die Israel kaufte. 1962 begann Israel, Waffen von
den Vereinigten Staaten zu kaufen, militärische Subventionen hingegen
erhielt es erst nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973. Die Folge war, dass
das Land sich hoch verschulden musste, um seine wirtschaftliche Entwicklung
und die nötig werdende militärische Aufrüstung zu finanzieren. Die nach
dem Krieg von 1973 erfolgende Entscheidung, die Militärhilfe in jenem
Jahr in Subventionen zu verwandeln, war auf die im Kongress vorherrschende
Einschätzung zurückzuführen, dass die Kriegsgefahr im Nahen Osten ohne
ein starkes Israel noch größer wäre und in diesem Fall noch höhere Kosten
auf die Vereinigten Staaten zukämen.
Mehrere Jahre lang wurde der größte
Teil der Wirtschaftshilfe, die Israel erhielt, für die Tilgung alter
Schulden verwendet. 1984 verabschiedete der Kongress einen Zusatz zum
Auslandshilfegesetz, das so genannte Cranston Amendment (so benannt
nach seinem Befürworter im Senat); darin wurde festgelegt, dass die
amerikanische Wirtschaftshilfe an Israel »nicht unter« dem Betrag liegen
darf, den Israel im Rahmen der Schuldentilgung jährlich an die Vereinigten
Staaten abführen muss.
Behauptung
»Israel fordert weiterhin hohe Zuwendungen
an Wirtschaftshilfe, obwohl es als reiches Land inzwischen nicht mehr
auf Unterstützung angewiesen ist.«
Tatsache
Seit dem Steuerjahr 1987 erhielt Israel
jährlich insgesamt 1,2 Milliarden Dollar wirtschaftliche und insgesamt
1,8 Milliarden militärische Subventionen. 1998 bot Israel freiwillig
an, seine Abhängigkeit von der amerikanischen Wirtschaftshilfe zu verringern.
Nach einem Abkommen mit der Clinton-Regierung und dem Kongress wird
die Wirtschaftshilfe in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar jährlich um 120
Millionen reduziert und demzufolge in zehn Jahren auslaufen.
Die Hälfte der jährlichen Einsparungen
an Wirtschaftshilfe (60 Millionen) werden der Militärhilfe für Israel
zugeschlagen; auf diese Weise wird den höheren Sicherheitserfordernissen
des Landes Rechnung getragen. 1999 erhielt Israel 1,08 Milliarden Dollar
Wirtschaftshilfe und 1,86 Milliarden Dollar Militärhilfe. Im Jahr 2000
wurde die Wirtschaftshilfe auf 949,1 Millionen reduziert, und bis 2002
soll sie auf 720 Millionen Dollar sinken. Die Unterstützung im militärischen
Bereich stieg dagegen auf 1,92 Milliarden Dollar im Jahr 2000 und soll
bis 2002 2,04 Milliarden Dollar erreichen.
Israel schlug diese Lösung von sich
aus vor, weil es nicht mehr im gleichen Maße wie früher auf wirtschaftliche
Unterstützung angewiesen ist. Heute ist die Wirtschaft des Landes stark.
Allerdings trägt Israel zurzeit noch alte Schulden bei den Vereinigten
Staaten ab, die ihm im Gegensatz zu Jordanien und Ägypten nicht erlassen
wurden. Im Übrigen kann das Land die amerikanische Hilfe nach wie vor
gut gebrauchen. Die immense finanzielle Belastung, die die Aufnahme
von Tausenden von Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion mit sich
brachte, hohe Arbeitslosenzahlen und eine alarmierend hohe Zahl von
Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, machen Israel schwer
zu schaffen. Darüber hinaus hatten Zugeständnisse im Zusammenhang mit
den Friedensverhandlungen die Auflösung von Militärstützpunkten und
den Verlust von wertvollen Ressourcen und Arbeitskräften zur Folge,
die ersetzt werden müssen.
Behauptung
»Israel prahlt damit, dass es die viertstärkste
Nation der Welt sei, folglich dürfte es auch nicht mehr auf amerikanische
Militärhilfe angewiesen sein.«
Tatsache
Israel hat nur mit zwei seiner Nachbarn
Friedensverträge geschlossen. Mit der übrigen arabischen/islamischen
Welt befindet es sich nach wie vor im Krieg, und mehrere Länder, vornehmlich
Iran und Irak, machen keinen Hehl aus ihrer offen feindseligen Haltung.
Angesichts der ständigen Gefahr, die dieser Zustand birgt, ist es eine
absolute Notwendigkeit, dass Israel seine Verteidigungskraft stärkt.
Israel ist zweifellos eine starke Militärmacht, doch die Tabellen über
das Rüstungsgleichgewicht zeigen, dass es seinen Feinden zahlenmäßig
unterlegen ist und sich deshalb für den Fall eines Krieges ganz auf
seine technische Überlegenheit verlassen muss, die nur durch den ständigen
Erwerb der neuesten Waffensysteme gewährleistet werden kann. Neue Panzer,
Raketen und Flugzeuge aber haben ihren Preis, und Israel kann sich die
Spitzentechnologie, die es braucht, um seinen Vorsprung zu sichern,
nicht aus eigener Kraft leisten; deshalb ist die Hilfe der Vereinigten
Staaten in diesem Punkt lebenswichtig für die Sicherheit des Staates.
Darüber hinaus werden Israels Feinde von vielen Ländern unterstützt,
Israel aber ist in Fragen der Rüstung nahezu ausschließlich von den
USA abhängig.
Behauptung
»Die amerikanische Militärhilfe unterstützt
israelische Rüstungsunternehmen auf Kosten der
amerikanischen Industrie.«
Tatsache
Entgegen der landläufigen Meinung schreiben
die USA nicht einfach Milliardendollarschecks aus und überreichen sie
Israel, das dann nach Belieben damit verfährt. Nur etwa 26 Prozent (490
Millionen Dollar) dessen, was Israel im Rahmen der militärischen Auslandshilfe
der USA – Foreign Military Financing (FMF) – erhält, darf in Israel
selbst für Rüstungskäufe ausgegeben werden. Die restlichen 74 Prozent
müssen für Aufträge in den Vereinigten Staaten aufgewendet werden und
sorgen dort für Umsätze und Arbeitsplätze. Über tausend Firmen in 47
US-Staaten sowie im District of Columbia und in Puerto Rico haben infolge
dieses Programms in den letzten Jahren Aufträge in Milliardendollarhöhe
abgeschlossen. Im Folgenden sind die Zahlen von 1999 wiedergegeben:
| Auftragswert der Bestellungen im Rahmen
des staatlichen Programms zur militärischen Auslandshilfe der USA10 |
|
| Alabama |
US-$ 1935312 |
Arkansas |
US-$ 928912 |
| Arizona |
US-$ 16371977 |
| California |
US-$ 72289385 |
| Colorado |
US-$ 1857729 |
| Connecticut |
US-$ 31499583 |
| Delaware |
US-$ 115282 |
| Florida |
US-$ 68585407 |
| Georgia |
US-$ 1535155 |
| Iowa |
US-$ 1562036 |
| Idaho |
US-$ 210897 |
| Illinois |
US-$ 10251483 |
| Indiana |
US-$ 2927225 |
| Kansas |
US-$ 985501 |
| Kentucky |
US-$ 113268 |
| Louisiana |
US-$ 30012 |
| Massachusetts |
US-$ 57574723 |
| Maryland |
US-$ 24808440 |
| Maine |
US-$ 94607 |
| Michigan |
US-$ 269649045 |
| Minnesota |
US-$ 7809606 |
| Missouri |
US-$ 2876827 |
| Mississippi |
US-$ 402109 |
| Montana |
US-$ 55285 |
| North Carolina |
US-$ 14719874 |
| Nebraska |
US-$ 94025 |
| New Hampshire |
US-$ 12466263 |
| New Jersey |
US-$ 22790725 |
| New Mexico |
US-$ 1167391 |
| Nevada |
US-$ 22046 |
| New York |
US-$ 122852788 |
| Ohio |
US-$ 66474681 |
| Oklahoma |
US-$ 264054 |
| Oregon |
US-$ 5123998 |
| Pennsylvania |
US-$ 21410669 |
| Rhode Island |
US-$ 396710 |
| South Carolina |
US-$ 1278921 |
| Tennessee |
US-$ 4713712 |
| Texas |
US-$ 20276126 |
| Utah |
US-$ 10578304 |
| Virginia |
US-$ 150770713 |
| Vermont |
US-$ 273040 |
| Washington |
US-$ 10854709 |
| Wisconsin |
US-$ 2881772 |
| West Virginia |
US-$ 626200 |
| Wyoming |
US-$ 10555382 |
Behauptung
»Israel bekam durch amerikanische Kreditbürgschaften
Milliarden von Dollar aus der Tasche der amerikanischen Steuerzahler,
mit denen dann in der Westbank und im Gazastreifen neue Siedlungen für
russische Juden errichtet wurden.«
Tatsache
Seit 1989 sind etwa eine Million Juden
nach Israel eingewandert. Die Mehrheit von ihnen, etwa 80 Prozent, kam
aus der ehemaligen Sowjetunion. Israel muss für diese Immigranten Nahrung,
Wohnraum, Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten schaffen. Noch
größer ist die Herausforderung, wenn die Neuankömmlinge aus unterentwickelten
Ländern wie Äthiopien kommen und in buchstäblich allem – von der Benutzung
des Spülklosetts bis hin zum Geldabheben bei der Bank – Anleitung benötigen.
Israel hat sich dieser Verpflichtung gestellt und sehr viel Geld investiert.
Hohe Summen kamen dabei auch von der jüdischen Gemeinschaft in Amerika,
die durch Spendenaktionen wie die United Jewish Appeal’s Operation Exodus
und andere Kampagnen Milliardenbeträge bereitstellen konnte.
Trotz all dem blieb die Aufgabe, vor
die das Land durch den Zustrom neuer Immigranten gestellt wurde, so
gewaltig, dass Israel die Vereinigten Staaten um Hilfe bat. Um den Vorgang
in den richtigen Relationen sehen zu können, muss man bedenken, dass
die Vereinigten Staaten – ein Land mit 250 Millionen Einwohnern und
einem Bruttosozialprodukt in Billionenhöhe – jährlich etwa 125000 Flüchtlinge
aufnehmen, wohingegen allein im Jahr 1990 200000 Juden nach Israel
eingewandert sind.
Die Vereinigten Staaten gingen der ganzen
Freien Welt in ihrem Bestreben voran, den sowjetischen Juden die Ausreise
zu ermöglichen. Bereits 1972 bewilligte der Kongress Mittel für die
Ansiedlung sowjetischer Juden in Israel, und seit 1992 wurden 80 Millionen
Dollar für diesen Zweck bereitgestellt.
Nachdem die Sowjetunion ihre Tore geöffnet
hatte, wurde aus dem Tröpfeln der Einwanderer eine wahre Flut. Die Zahl
der Immigranten stieg explosionsartig von weniger als 13000 im Jahr
1989 auf über 185000 im Jahr 1990 an. Daraufhin bat Israel um eine andere
Form der Hilfe. Die Vereinigten Staaten entsprachen dieser Bitte und
gewährten dem Land 1990 400 Millionen Dollar in Form von Kreditbürgschaften,
mit denen Wohnungen für die Ankömmlinge gebaut werden sollten.
Bürgschaften sind keine Subventionen
– nicht ein Cent amerikanischer Staatsgelder gelangte auf diesem Weg
nach Israel. Der amerikanische Staat übernahm lediglich die Bürgschaft
für Kredite, auf die hin die amerikanischen Banken Israel Geld zu günstigeren
Konditionen liehen: zu niedrigeren Zinssätzen und mit längeren Rückzahlungszeiträumen,
zum Beispiel 30 Jahre statt nur fünf oder sieben. Diese Darlehensbürgschaften
haben keine Auswirkung auf die amerikanische Haushaltspolitik. Die amerikanischen
Steuerzahler werden durch sie nicht belastet, es sei denn, Israel zahlt
seine Kredite nicht zurück – was bisher nie vorkam. Darüber hinaus wird
ein Großteil des auf diese Weise aufgenommenen Geldes in den Vereinigten
Staaten für amerikanische Produkte ausgegeben, fließt also in die USA
zurück.
Als sich abzeichnete, dass der Flüchtlingsstrom
noch größer als vorhergesehen war und jeden Monat wieder Tausende neuer
Immigranten eintrafen, erkannte Israel, dass es mehr Hilfe brauchte,
und bat die Vereinigten Staaten um weitere zehn Milliarden Dollar in
Form von Bürgschaften.
1992 ermächtigte der Kongress den Präsidenten
zu weiteren Kreditbürgschaften, um Israel bei der außergewöhnlichen
humanitären Belastung zu unterstützen, die die Aufnahme und Integration
der Immigranten für das Land bedeutete. Diese Bürgschaften wurden mit
einer jährlichen Erhöhung um zwei Milliarden über einen Zeitraum von
fünf Jahren gewährt. Während die Kosten dieser Hilfsmaßnahme für die
amerikanische Regierung gleich Null waren, zahlte Israel den Vereinigten
Staaten jedes Jahr Gebühren in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar
für Verwaltungs- und andere Kosten.
Nach den geltenden Richtlinien darf
die amerikanische Auslandshilfe für Israel nicht außerhalb der Grenzen
von vor 1967 verwendet werden. Um das Missfallen der Vereinigten Staaten
an der israelischen Siedlungspolitik zum Ausdruck zu bringen, wurde
der US-Präsident außerdem ermächtigt, die jährlichen Kreditbürgschaften
um den Betrag herabzusetzen, der dem geschätzten Wert der vorjährigen
israelischen Siedlungsaktivitäten in der Westbank und im Gazastreifen
entspricht.
Auf diese Weise legte, wie die Tabelle
zeigt, das amerikanische Außenministerium fest, dass Israel von 1993
bis 1996 knapp 1,4 Milliarden Dollar für seine Siedlungspolitik ausgab.
US-Der Präsident war jedoch umgekehrt auch ermächtigt, die Abstriche
auszusetzen, wenn es im Sicherheitsinteresse der Vereinigten Staaten
lag, dass Israel die Mittel voll zur Verfügung standen. Präsident Clinton
machte in den letzten drei Jahren des Programms von dieser Vollmacht
Gebrauch, sodass die tatsächliche Reduzierung der Bürgschaften für Israel
773,8 Millionen Dollar betrug.
Die in Siedlungsprojekte fließenden israelischen Gelder
hatten nichts mit den neuen Einwanderern zu tun, von denen niemand
gezwungen wurde, in den besetzten Gebieten zu wohnen. So entschied sich
denn auch nur ein verschwindend geringer Prozentsatz von ihnen dafür,
und zwar ausschließlich freiwillig.
Alles in allem war das amerikanische
Kreditbürgschaftsprogramm ein voller Erfolg. Israel verwendete die Darlehen
hauptsächlich zur Erhöhung des Umlaufs ausländischer Währung in der
Wirtschaft des Landes und zur Verbesserung der Infrastruktur, wie zum
Beispiel für den Bau von Straßen, Brücken, Abwassersystemen und Elektrizitätswerken.
Darüber hinaus wurden Wohnraum und Arbeitsplätze für praktisch alle
neuen Einwanderer geschaffen. Die Arbeitslosigkeit unter den Immigranten,
die in den schlimmsten Zeiten 35 Prozent betrug, ist mittlerweile auf
unter sechs Prozent gefallen; das entspricht etwa der Arbeitslosenrate
der übrigen Bevölkerung.
Das amerikanische Kreditbürgschaftsprogramm
hat es Israel nicht nur ermöglicht, die vielen Einwanderer aufzunehmen,
ohne das wirtschaftliche Wachstum des Landes zu gefährden. Es war darüber
hinaus eine klare Aussage des Vertrauens der USA in Israels Fähigkeit,
der zusätzlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Herr zu werden, die
denn auch ihre Wirkung auf den internationalen Kapitalmarkt nicht verfehlte.
Israels Kreditrahmen wurde erhöht, und das Land kann nun selbstständig
Millionenkredite auf dem internationalen Finanzmarkt aufnehmen.
Behauptung
»Israel war zu keiner Zeit von irgendwelchem
strategischen Wert für die Vereinigten Staaten.«
Tatsache
1952 ging Generalstabschef Omar Bradley
davon aus, dass der Westen 19 Divisionen bräuchte, um den Nahen Osten
zu verteidigen, und dass Israel zwei dieser Divisionen stellen sollte.
Außerdem rechnete er damit, dass sich die westliche Luftstreitmacht
für die Verteidigung des Nahen Ostens bis 1952 aus nur drei Staaten
rekrutieren würde: Großbritannien, der Türkei und Israel. Bradleys Ansatz
wurde verworfen, weil auf politischer Ebene entschieden wurde, dass
es für die Vereinigten Staaten wichtiger sei, mit Ägypten und später
mit dem Irak zusammenzuarbeiten. Man befürchtete, dass die Integration
israelischer Streitkräfte in die Strategie des Westens die Araber vor
den Kopf stoßen könnte.11
Israels überwältigender Sieg über die
vereinigten arabischen Streitkräfte im Jahr 1967 führte zu einer Neueinschätzung
der Situation. Im darauf folgenden Jahr verkauften die USA zum ersten
Mal hochmoderne Kampfflugzeuge (Phantomjets) an Israel. Washington revidierte
seine Nahostpolitik: Statt weiterhin ein Kräftegleichgewicht herstellen
zu wollen, begann es, die militärische Überlegenheit Israels über seine
Feinde zu sichern.
Seinen strategischen Wert für die USA
bewies Israel, als die Vereinigten Staaten es im Jahr 1970 um Hilfe
bei der Konsolidierung der Herrschaft König Husseins baten. Israels
Bereitschaft, Amman zu unterstützen, im Verein mit Truppenverlegungen
an die jordanische Grenzen bewogen Syrien, die Panzer zurückzuziehen,
die es zur Unterstützung der PLO-Streitkräfte des »Schwarzen September«
nach Jordanien geschickt hatte. Darüber hinaus waren die Sowjets unterrichtet
worden, dass die Befehlshaber der Sechsten Flotte in Israel an Land
gegangen waren, um die militärischen Aktivitäten zu koordinieren.12
Anfang der Siebzigerjahre zeichnete
sich ab, dass kein einziger arabischer Staat den Westen im Nahen Osten
unterstützen konnte oder wollte. Der Bagdad-Pakt war seit langem abgelaufen,
und die pro-amerikanischen arabischen Staaten waren äußerst schwach
im Vergleich zu den anti-westlichen Kräften in Ägypten, Syrien und dem
Irak. Selbst nach Ägyptens Neuorientierung infolge der Unterzeichnung
des Friedensvertrags mit Israel konnten die Vereinigten Staaten im Ernstfall
auf keine einzige arabische Regierung zählen.
Die Carter-Administration leitete daraufhin
eine Form der strategischen Zusammenarbeit (wenngleich sie nicht als
solche bezeichnet wurde) mit Israel ein, indem das Land für würdig erachtet
wurde, seinerseits militärische Ausrüstung an die USA zu verkaufen.
Die Bereitschaft zur, wenn auch eingeschränkten, militärischen Zusammenarbeit
war in den Augen Carters die Belohnung für Israels »Wohlverhalten« bei
den Friedensgesprächen mit Ägypten.
Mit dem Amtsantritt von Ronald Reagan
wurde diese strategische Zusammenarbeit zu einer entscheidenen Größe
in den israelisch-amerikanischen Beziehungen, vorläufig allerdings noch
ohne dass das neue Verhältnis formalisiert wurde. Vor seiner Wahl zum
amerikanischen Präsidenten hatte Reagan geschrieben: »Nur wenn wir uns
der entscheidenden Rolle Israels für unsere strategische Planung bewusst
sind, können wir ein solides Fundament zur Vereitelung der russischen
Absichten im Hinblick auf Gebiete und Ressourcen schaffen, die von entscheidender
Bedeutung für die Sicherheit und das Wohlergehen unseres Volkes sind.«13
Diese Auffassung Reagans führte zur
Unterzeichnung eines Abkommens zur »strategischen Kooperation« zwischen
Israel und den USA am 30. November 1981. Am 29. November 1983 wurde
dann ein weiteres Abkommen zur Bildung gemeinsamer Arbeitsgruppen unterzeichnet.
Dabei sollte sich die Joint Political-Military Group (JPMG) ursprünglich
mit der Frage befassen, wie der Gefahr eines wachsenden Engagements
der Sowjetunion im Nahen Osten begegnet werden könnte. Im Laufe der
Zeit trat jedoch die Sorge über die Ausbreitung chemischer Waffen und
ballistischer Raketen in den Vordergrund. Die Joint Security Assistance
Planning Group (JSAP) wurde im Gefolge der israelischen Wirtschaftskrise
Mitte der Achtzigerjahre gebildet. Es handelt sich um eine binationale
Arbeitsgruppe, die einmal im Jahr in Washington zusammentritt, um Israels
gegenwärtigen und zukünftigen Rüstungsbedarf zu eruieren. Zugleich wird
im Licht der aktuellen Gefahreneinschätzung und der Budgetkapazitäten
der USA über die Zuteilung amerikanischer Auslands-Militärhilfe beraten.
Dass die Zusammenarbeit funktioniert,
zeigte sich, als der Kongress Israel am 23. Januar 1978 per Gesetz zu
einem wichtigen, nicht der Nato angehörenden Bündnispartner Amerikas
erklärte. Das Gesetz machte die israelische Industrie zum gleichwertigen
Wettbewerbspartner der Nato-Länder und anderer enger amerikanischer
Verbündeter im Blick auf Rüstungsaufträge.
»Seit der Wiedergeburt
des Staates Israel bestand ein festes Band zwischen den Demokratien
unserer beider Länder.«
Präsident Ronald
Reagan
Im April 1988 unterzeichnete Präsident
Reagan eine weitere Vereinbarung, die alle früheren Abkommen einschloss
und die strategische Zusammenarbeit beider Länder festschrieb.
Gegen Ende von Reagans Amtszeit hielten
die Vereinigten Staaten und Israel regelmäßig gemeinsame Truppenübungen
ab, arbeiteten gemeinsam an der Entwicklung der Arrow-Anti-Tactical-Ballistic-Missiles
und waren in einer Vielzahl weiterer gemeinsamer militärischer Projekte
engagiert.
Seither wurde die israelisch-amerikanische
Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet ständig weiter vertieft, und
heute sind die Bindungen enger denn je. Israel ist unbezweifelbar zum
Bündnisparter der Vereinigten Staaten geworden.
Behauptung
»Die amerikanische Unterstützung ermöglicht
den Israelis ein bequemes Leben; deshalb sehen sie keinen Grund, das
Wirtschaftssystem ihres Landes zu reformieren.«
Tatsache
Israel gehört zu den am höchsten besteuerten
Ländern der Welt mit Einkommensteuersätzen bis zu 50 Prozent – und das
in einem Land mit einem Durchschnittsverdienst von unter 16000 Dollar.
Jahrelang mussten die Israelis auf Grund
der außerordentlich hohen Verteidigungsausgaben ihres Staates – ca.
ein Fünftel bis ein Viertel des Gesamthaushalts – ein Absinken ihres
Lebensstandards hinnehmen. In den letzten Jahren hat sich die Situation
vor allem dank des Friedensprozesses verbessert; die Verteidigungsausgaben
sind auf 16 Prozent des Budgets gesunken.
Als Israel im Rahmen des Friedensvertrags
mit Ägypten auf die auf der Sinaihalbinsel angelegten Ölfelder verzichtete,
verzichtete es damit auch auf die Möglichkeit einer unabhängigen Energieversorgung.
Die israelische Wirtschaft ist deshalb in hohem Maße von den Schwankungen
des Ölpreises abhängig.
Nach den Einwanderungswellen aus der
ehemaligen Sowjetunion und Äthiopien in jüngster Zeit haben die Israelis,
um die Aufnahme der Neuankömmlinge zu ermöglichen, freiwillig sogar
noch größere Opfer auf sich genommen.
Israel weiß seit langem um die Notwendigkeit
einer drastischen Wirtschaftsreform seines Landes. 1985 wurde ein Stabilisierungsprogramm
auf den Weg gebracht, das mehrere Punkte umfasste: weitgehende Aufhebung
der Subventionen für grundlegende Produkte und Dienste; eine starke
Währungsabwertung, die zur Stabilisierung des Dollar-Wechselkurses führte;
Lohn- und Preisbindungen und die Aufhebung der direkten Anpassung der
Löhne und Rücklagen an die Inflation; und eine Geldpolitik, die das
Kreditwachstum kontrolliert und so die Zinssätze nach oben treibt.
Die New York Times fasste das Stabilisierungsprogramm
und die Opfer, die es dem israelischen Volk abverlangte, damals in den
plakativen Satz: »Es ist ein großer Schritt zurück – aber sie tun ihn
alle gemeinsam.«14
Doch das Stabilisierungsprogramm bewirkte
fast so etwas wie ein kleines Wunder. Die Inflation ging stark zurück
– von dreistelligen Ziffern auf Null im Jahr 2000. Der Wechselkurs des
Schekel blieb stabil, die ausländischen Währungsreserven erholten sich,
der Export nahm zu und das Haushaltsdefizit schrumpfte.
Heute versucht Israel, durch grundlegende
strukturelle Änderungen über die Stabilisierung hinaus zu einem Wirtschaftswachstum
zu gelangen. Die Kürzungen bei Nahrungsmitteln und öffentlichen Dienstleistungen,
darunter auch im Gesundheits- und Bildungswesen, wurden aufrecht erhalten,
die Preisbindungen wurden aufgehoben, die Steuergesetzgebung wurde reformiert,
staatliche Gesellschaften privatisiert. Solche Schritte sind schmerzlich,
doch die meisten Israelis wissen, dass solche unpopulären Maßnahmen
unumgänglich waren.
In dieser Situation war Israel froh
über seinen amerikanischen Partner. Das Land erwies sich dabei als einer
der wenigen Empfänger von US-Auslandshilfe, die positiv auf die amerikanischen
Anstöße zu einer grundlegenden Wirtschaftsreform reagierten.
Behauptung
»Der israelische Protektionismus behindert
den amerikanischen Handel.«
Tatsache
Israel hat einen der offensten Märkte
überhaupt für amerikanische Produkte. Die Intensivierung der israelisch-amerikanischen
Handelsbeziehungen ist vorwiegend ein Ergebnis des 1985 getroffenen
Freihandelsabkommens (Free Trade Agreement, FTA). Durch dieses Abkommen
können amerikanische Waren frei mit europäischen Produkten, die ebenfalls
freien Zugang zum israelischen Markt haben, konkurrieren. Es war das
erste Abkommen dieser Art, das die Vereinigten Staaten mit einer ausländischen
Regierung schlossen.
Seit der Unterzeichnung des FTA sind
die amerikanischen Exporte nach Israel um 437 Prozent und das Gesamthandelsvolumen
zwischen den beiden Staaten um 345 Prozent auf fast 21 Milliarden gestiegen.
Dieses Wachstum hat den amerikanischen Exporteuren mehr Verkäufe und
höhere Profite beschert. Israel rangiert, was die Pro-Kopf-Importe amerikanischer
Waren betrifft, inzwischen an zweiter Stelle nach Kanada.
Behauptung
»Der Auftrag an Jonathan Pollard, die
Vereinigten Staaten auszuspionieren, ist der Beweis, dass Israel gegen
die amerikanischen Interessen arbeitet.«
Tatsache
Im November 1985 verhaftete das FBI
Jonathan Pollard, einen Mitarbeiter des amerikanischen Marine-Geheimdienstes,
unter der Anklage, Geheimmaterial an Israel verkauft zu haben. Pollard
wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, seine Frau Anne zu fünf Jahren
Gefängnis wegen Beihilfe.
Unmittelbar nach Pollards Verhaftung
entschuldigte sich Israel und erklärte, dass die Operation nicht genehmigt
gewesen sei. »Angesichts der engen und besonders freundschaftlichen
Beziehung« zwischen den beiden Ländern »enthält sich Israel jeglicher
Geheimdienst-Tätigkeiten in den Vereinigten Staaten«, lautete die offizielle
Stellungnahme der israelischen Regierung. Ministerpräsident Shimon Peres
erklärte: »Spionage in den Vereinigten Staaten ist mit unserer Politik
unvereinbar.«15
Die Vereinigten Staaten und Israel arbeiteten
bei der Untersuchung der Pollard-Affäre eng zusammen. Die israelischen
Nachforschungen ergaben, dass Pollard weder für den israelischen militärischen
Abschirmdienst noch für den israelischen Geheimdienst Mossad arbeitete,
sondern für eine kleine, unabhängig agierende wissenschaftliche Geheimdiensteinheit,
und dass der Kontakt zu den Israelis von Pollard hergestellt wurde.
Eine Unterkommission des für Fragen
der Staatssicherheit zuständigen Komitees (Defense and Foreign Affairs
Committee on Intelligence and Security Services) der Knesset kam zu
dem Schluss: »Zweifellos ... hat die Operationsebene [i.e. die betreffende
wissenschaftliche Geheimdiensteinheit, die so genannte Scientific Liaison
Unit unter der Führung von Rafael Eitan] die Rekrutierung Pollards ohne
Absprache mit der politischen Ebene und ohne deren direkte oder indirekte
Billigung beschlossen.« Die von der Knesset beauftragte Kommission nahm
die israelische Regierung wegen der mangelhaften Überwachung der betreffenden
Geheimdiensteinheit streng ins Gebet.
Wie den USA versprochen, wurde die Spionageeinheit,
mit der Pollard zusammengearbeitet hatte, aufgelöst, die Verantwortlichen
bestraft und die Dokumente zurückgegeben.16 Der letzte Punkt
war entscheidend für Anklageerhebung des amerikanischen Gerichtshofs
gegen Pollard.
Pollard bestritt, »gegen« die USA spioniert
zu haben. Seiner Aussage nach hatte er lediglich Informationen geliefert,
die seiner Ansicht nach lebenswichtig für die Sicherheit Israels waren
und vom Pentagon zurückgehalten wurden. Dazu gehörten Daten über sowjetische
Waffenlieferungen an Syrien, über die Herstellung chemischer Waffen
in Syrien und im Irak, über das pakistanische Atombombenprojekt und
über libysche Luftverteidigungssysteme.17
Pollard wurde der Spionage überführt.
Sein Urteil – er bekam lebenslänglich – war die höchste Gefängnisstrafe,
die je für Spionage für einen Verbündeten verhängt wurde, und weit höher
als die Durchschnittsstrafe für Spionage für die Sowjetunion und andere
Feinde der Vereinigten Staaten.18
Obwohl dies ursprünglich von Israel
bestritten wurde, gab die Regierung Benjamin Netanyahus später zu, dass
Pollard tatsächlich für den israelischen Geheimdienst gearbeitet hatte,
und verlieh ihm die israelische Staatsbürgerschaft. Netanyahu bat während
der Nahost-Friedensgespräche auf der Wye-Plantage in Maryland im Jahr
1998 um Nachsicht für Pollard.
Auch Pollards Unterstützer in den Vereinigten
Staaten reichen regelmäßig Begnadigungsgesuche ein. Präsident Clinton
zog eine Begnadigung angeblich in Erwägung, doch das Verteidigungsministerium
und der Geheimdienst lehnten sie entschieden ab. Gegen Ende von Clintons
Amtszeit wurde die Frage noch einmal aufgebracht. Senator Richard Shelby
(R-AL), der Leiter der zuständigen Kommission des Senats, lehnte die
Begnadigung mit der Mehrheit der Senatoren ab. »Mr. Pollard ist ein
überführter Spion, der die Sicherheit unseres Volkes aufs Spiel gesetzt
und das Leben unserer Geheimdienstmitarbeiter gefährdet hat«, sagte
Shelby. »Ich bin der festen Überzeugung, dass Mr. Pollard jede einzelne
Minute seines Urteils verdient.«19
In der Zwischenzeit haben Pollards Anwälte
versucht, Zugang zu einer geheimen Erklärung des damaligen Verteidigungsministers
Caspar Weinberger zu erhalten, die bei Pollards Verurteilung vorgelegt
wurde.
Behauptung
»Israel hat die USA unter falschen Vorspiegelungen
dazu gebracht, dem Iran im Austausch gegen Geiseln Waffen zu verkaufen,
und hat mitgeholfen, den Profit an die Contras weiterzuleiten.«
Tatsache
Nach dem im November 1987 veröffentlichten
Bericht der Untersuchungskommission der Iran-Contra-Affäre begann der
Verkauf amerikanischer Waffen an den Iran durch Israel im Sommer 1985,
und zwar mit der Billigung Präsident Reagans. Dem Bericht zufolge ging
die Beteiligung Israels auf das Betreiben des iranischen Waffenhändlers
Manucher Ghorbanifar und eines Mitarbeiters des nationalen Sicherheitsrates
(NSC), Michael Ledeen, zurück, der für den nationalen Sicherheitsberater
Robert McFarlane arbeitete. Als Ledeen Ministerpräsident Shimon Peres
um Unterstützung bat, erklärte sich der israelische Politiker bereit,
auf Bitten der USA Waffen an den Iran zu verkaufen in der Annahme, der
Verkauf sei von höchster Ebene abgesegnet.20
Bevor die Israelis tätig wurden, so
der Bericht, verlangten sie jedoch »die klare, ausdrückliche und bindende
Zustimmung der amerikanischen Regierung«. McFarlane erklärte vor der
Untersuchungskommission, dass er die Zustimmung Präsident Reagans erstmals
im Juli 1985 erhalten habe. Im August habe Reagan den ersten Waffenverkauf
an den Iran dann mündlich autorisiert, gegen die Einwände von Verteidigungsminister
Caspar Weinberger und Außenminister George Shultz.21 Auf
Grund des Waffengeschäfts wurde Reverend Benjamin Weir, der seit 16
Monaten im Libanon gefangen gehalten wurde, freigelassen.
Als im November des gleichen Jahres
eine Schiffslieferung von HAWK-Raketen erfolgen sollte, forderte der
israelische Verteidigungsminister Yitzhak Rabin erneut die ausdrückliche
Zustimmung der amerikanischen Regierung. Nach McFarlane war der Präsident
einverstanden.
Im Dezember 1985 hatte der Präsident
dann entschieden, dass weitere Verkäufe an die Iraner direkt aus den
amerikanischen Beständen erfolgen sollten.
Nach dem Bericht der Kommission verwendete
Oliver North, ebenfalls Mitarbeiter des NSC, erstmals im November 1985
Gelder aus dem Iranhandel zur Finanzierung der nicaraguanischen Widerstandsbewegung.
Später gab er jedoch zu Protokoll, dass die Weiterleitung der Mittel
an die Contras auf einen Vorschlag Ghorbanifars zurückging, den dieser
bei einem Treffen im Januar 1986 gemacht habe.
Der saudische Öl- und Waffenmilliardär
Adnan Kashoggi erklärte in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender
ABC am 11. Dezember 1986, er habe eine Million Dollar für die Finanzierung
der ersten, per Schiff erfolgten Waffenlieferung im Rahmen der Iran-Contra-Affäre
vorgestreckt und vier Millionen für die zweite Lieferung bezahlt. Nach
den Erkenntnissen einer Sonderkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen
Senators John Tower hatte ein ausländischer Politiker (angeblich der
saudische König Fahd) zwischen Juli 1984 und April 1985 zwischen ein
und zwei Millionen Dollar monatlich für die verdeckte Finanzierung der
Contras gespendet. Saudi-Arabien bestritt, die nicaraguanischen Rebellen
unterstützt zu haben, doch nach einem Bericht der New York Times waren
die Zuwendungen nach Aussage von amerikanischen Politikern und anderen,
die um das Geschäft wussten, Teil eines 1981 getroffenen Geheimabkommens
zwischen Riad und Washington »zur Unterstützung antikommunistischer
Widerstandsgruppen im Zusammenhang mit den hoch entwickelten amerikanischen
AWACS-Radarflugzeugen«.22
Die Senatskommission lobte die israelische
Regierung, weil sie detaillierte Aufschlüsse über den zeitlichen Ablauf
der Ereignisse, basierend auf Dokumenten und Gesprächen mit den Schlüsselfiguten
der Operation, geben konnte. Ihr Bericht stützte das Fazit der Tower-Kommission:
»Die amerikanischen Entscheidungsträger fällen ihre eigenen Entscheidungen
und müssen die Verantwortung für ihre Folgen tragen.«23
Behauptung
»Die Abhängigkeit der Amerikaner vom
arabischen Öl hat sich mit den Jahren verringert.«
Tatsache
Das arabische Ölembargo von 1973 versetzte
der amerikanischen Wirtschaft einen schweren Schlag und führte im Verein
mit den nachfolgenden Ölpreiserhöhungen der OPEC und der wachsenden
amerikanischen Abhängigkeit von ausländischem Öl zur Rezession Anfang
der Siebzigerjahre.
1973 wurden 35 Prozent des amerikanischen
Gesamtölbedarfs durch ausländisches Öl gedeckt. Im Jahr 2000 war der
Anteil auf 53 Prozent gestiegen, wobei 46 Prozent der US-Importe aus
den OPEC-Ländern stammten. Den ersten Platz unter den Erdöllieferanten
nahm Saudi-Arabien ein; der Irak (auf Platz 5) und Kuwait (auf Platz
11) gehörten 1999 zu den 20 wichtigsten Lieferanten von Erdölerzeugnissen
an die Vereinigten Staaten. Allein die Golfstaaten decken 23 Prozent
der amerikanischen Erdölimporte ab.24
Durch die zunehmende Abhängigkeit von
importiertem Öl wurde die amerikanische Wirtschaft noch anfälliger für
Ölpreiserhöhungen, wie sie 1979, 1981, 1982, 1990 und 2000 erfolgten.
Die Preiserhöhungen verschafften den arabischen ölfördernden Ländern
riesige Staatseinnahmen auf Kosten der amerikanischen Verbraucher. Mit
diesen Profiten wurde umfangreiche Waffenkäufe und – zum Beispiel im
Irak – Atomwaffenprogramme finanziert.
Amerikas Abhängigkeit von arabischem
Öl ließ zu gewissen Zeiten das Schreckgespenst aufkommen, die Vereinigten
Staaten könnten dazu erpresst werden, ihre pro-israelische Politik aufzugeben.
Der PLO-Vorsitzende Jassir Arafat hatte diese Möglichkeit bereits 1990
angedeutet:
»Wenn das Nordseeöl im Jahr 1991 versiegt,
werden die Vereinigten Staaten arabisches Erdöl kaufen wollen. Und wenn
auch die amerikanischen Ölfelder versiegen und gleichzeitig der Ölverbrauch
in den Vereinigten Staaten immer weiter steigt, werden die Araber für
Amerika immer unverzichtbarer werden.«25
Die gute Nachricht für die Amerikaner
ist, dass die Haupterdöllieferanten Amerikas heute verlässlichere und
bessere Verbündete sind als die Staaten am Persischen Golf.
Behauptung
»Die großen amerikanischen Ölgesellschaften
pflegen im arabisch-israelischen Konflikt nicht Partei zu ergreifen.«
Tatsache
Ägyptens Präsident Sadat überredete
den verstorbenen König Faisal von Saudi-Arabien, dem Westen mit der
Einstellung der Öllieferungen zu drohen und sich auf diese Weise die
wachsende Abhängigkeit des industrialisierten Westens vom arabischen
Öl politisch zu Nutze zu machen. Die Taktik hatte Erfolg: Schon bald
unterstützten die großen amerikanischen Ölgesellschaften die arabische
Sache in der Öffentlichkeit und arbeiteten in der Stille darauf hin,
die amerikanische Hilfe für Israel zu kappen.26
Nach einem 1974 veröffentlichten Bericht
des Senatsunterausschusses für multinationale Zusammenarbeit hatte das
ARAMCO-Konsortium – Exxon, Mobil, Texaco und SOCAL – im Krieg von 1973
versucht, die amerikanische Luftbrücke nach Israel zu verhindern. Die
in dem Verband zusammengeschlossenen Gesellschaften kooperierten außerdem
eng mit Saudi-Arabien, bis hin zu dem Plan, der amerikanischen Marine
kein Öl und keinen Treibstoff mehr zu liefern.27
Auch bei anderen Gelegenheiten haben
die großen amerikanischen Ölfirmen die arabischen Länder unterstützt,
darunter vor allem Saudi-Arabien. Die großen Ölgesellschaften unterhielten
starke Lobbys im Kongress, als es im Jahr 1978 um den Verkauf von F-15
und im Jahr 1981 um die Lieferung von AWACS-Flugzeugen ging. Gemeinsam
mit saudischen Mittelsmännern warben sie zahlreiche amerikanische Firmen
für die Unterstützung der Saudis.28 Saudi-Arabien hat in
den USA eine außerordentlich starke Lobby, weil viele der größten US-Konzerne
Milliardendollargeschäfte mit dem Königreich machen. »Und jede einzelne
dieser Gesellschaften«, schrieb Hoag Levins, »hatte wiederum Hunderte
von Vertragspartnern, die ebenfalls von der Gnade der muslimischen Führer
abhängig waren, deren Länder inzwischen den reichsten Markt der Welt
darstellen.«29
Die Saudis üben immer wieder Kritik
an dem in ihren Augen viel zu großen Einfluss der pro-israelischen Gruppierungen
in den Vereinigten Staaten – eine Kritik, die, wie der Journalist Steven
Emerson nachgewiesen hat, allenfalls in umgekehrter Richtung berechtigt
ist. Emerson kam bei der Analyse der vielfältigen Verflechtungen zwischen
Saudi-Arabien und amerikanischen Firmen, Universitäten, Lobbyisten und
ehemaligen hochrangigen Politikern zu dem Schluss:
»Dem ungeheuren Einfluss des Petrodollars ist mit
gesetzlichen Mitteln überhaupt nicht mehr beizukommen. Da unzählige
Firmen, Institutionen und Einzelpersonen nach Ölgeld gieren – und es
auch bekommen –, ist die Wirkung des Petrodollars in der amerikanischen
Gesellschaft allgegenwärtig. Die Folge davon ist, dass die Politik und
die Anliegen Saudi-Arabiens und anderer ölfördernder arabischer Länder
auf eine breite Basis der Unterstützung bei allen möglichen amerikanischen
Institutionen, angefangen von Universitäten bis hin zum Kongress, stoßen.
Die immer stärkeren wechselseitigen Verflechtungen haben längst zur
Vermischung von Einzelinteressen mit nationalen Interessen geführt.
Nie zuvor in der amerikanischen Geschichte
ist es einer ausländischen Wirtschaftsmacht in dem Maße wie Saudi-Arabien
gelungen, sich im ganzen Land mächtige Befürworter zu sichern und sie
auch bei der Stange zu halten. Die Saudis haben die entscheidende amerikanische
Schwäche herausgefunden: die Liebe zum Geld, und daraufhin überzog die
Petrodollar-Connection die gesamten Vereinigten Staaten mit ihrem Netz.«30
Behauptung
»Die Vereinigten Staaten und Israel
haben nichts gemeinsam.«
Tatsache
Die amerikanisch-israelischen Beziehungen
ruhen auf einem doppelten Fundament: gemeinsamen Werten und gemeinsamen
Interessen. Angesichts der gemeinsamen Interessen und Überzeugungen
sollte es nicht überraschen, dass die Unterstützung für Israel zu den
dezidiertesten, beständigsten außenpolitischen Anliegen der USA gehört.
Obwohl Israel geografisch in einer relativ
unentwickelten und eher der Dritten Welt als dem Westen nahe stehenden
Region liegt, ist der jüdische Staat in weniger als einem halben Jahrhundert
zu einer fortschrittlichen Nation mit allen Merkmalen einer westlichen
Gesellschaft geworden. Das ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass
ein hoher Prozentsatz der israelischen Bevölkerung aus Europa oder Nordamerika
kam und westlich orientierte politische und kulturelle Normen in die
neue Heimat mitbrachte, zum Teil aber auch die Frucht eines gemeinsamen
jüdisch-christlichen Erbes.
Auch Israel ist eine multikulturelle
Gesellschaft, deren Bürger aus über 100 Nationen stammen; so wurden
zum Beispiel in den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts 45000 Juden
in einer dramatischen Rettungsaktion über Luftbrücken aus Äthiopien
nach Israel gebracht. Heute sind etwa vier von zehn Israelis östliche
oder orientalische Juden, deren Herkunft auf die alten jüdischen Gemeinden
in den islamischen Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens zurückgeht.
Der israelische Staat ist zwar von Autokratien
umgeben, doch die Israelis verteidigen ihre Demokratie nicht weniger
leidenschaftlich als die Amerikaner. Alle israelischen Staatsbürger,
ungeachtet von Rasse, Religion oder Geschlecht, genießen Gleichheit
vor dem Gesetz und volle demokratische Rechte. Die Rede-, Versammlungs-
und Pressefreiheit sind fest im Gesetz und in den Traditionen des Landes
verankert und werden von dem unabhängigen Rechtswesen Israels garantiert.
Das politische System unterscheidet
sich zwar von dem der Vereinigten Staaten – Israel ist eine parlamentarische
Demokratie –, beruht jedoch ebenfalls auf freien Wahlen und Parteien
mit unterschiedlichen Regierungsprogrammen. Und obwohl Israel keine
formale Verfassung besitzt, sind doch Grundrechte in Kraft, die ähnliche
gesetzliche Garantien gewährleisten.
Die Amerikaner haben die Israelis lange
bewundert, zum Teil, weil sie in ihnen einen Gutteil von sich selbst
wiedererkennen, von ihrem eigenen Pioniergeist und leidenschaftlichen
Ringen um Unabhängigkeit. Wie die Vereinigten Staaten ist auch Israel
ein Einwanderervolk. Trotz der Belastung, die es bedeutet, fast ein
Fünftel des Staatshaushalts für die Verteidigung ausgeben zu müssen,
konnte das Land über lange Zeiten ein außergewöhnliches Wirtschaftswachstum
verzeichnen. Es ist sogar gelungen, den meisten Einwanderern Arbeitsplätze
zu verschaffen. Wie in Amerika haben die israelischen Einwanderer versucht,
sich und ihren Kindern ein besseres Leben zu schaffen. Manche kamen
praktisch mittellos, ohne Bildung und Berufsausbildung aus relativ unterentwickelten
Staaten wie Äthiopien oder dem Jemen, doch auch sie sind inzwischen
zu produktiven Gliedern der israelischen Gesellschaft geworden.
Erziehung und Bildung sind in Israel
genauso wichtige Werte wie in Amerika. Die Israelis gehören zu den gebildetsten
und am besten ausgebildeten Völkern der Welt. Täglich erscheinen 29
Zeitungen in zehn Sprachen im Land, und es werden mehr Bücher pro Kopf
veröffentlicht als in allen anderen Ländern der Welt.
Israel hatte von Anfang an eine Wirtschaft,
in der sich nach englischem Vorbild Kapitalismus und Sozialismus mischten.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes – die in der Hauptsache
nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973 entstanden und durch den Anstieg
des Ölpreises und der Notwendigkeit, einen unverhältnismäßig hohen Anteil
des Bruttosozialprodukts für die Verteidigung ausgeben zu müssen, verursacht
wurden –, hatten allmählich eine Verschiebung hin zur freien Marktwirtschaft
entsprechend dem Wirtschaftssystem der Vereinigten Staaten zur Folge.
Amerika hat Israel in dieser Entwicklung begleitet.
In den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts
konzentrierte sich die Aufmerksamkeit zunehmend auf die eine der beiden
tragenden Säulen der israelisch-amerikanischen Beziehungen: die gemeinsamen
Interessen. Es war die eine Folge der wachsenden Gefahren in der Region,
die eine auf Gesetzesinitiativen basierende strategische Kooperation
dringlich machten. Trotz des Endes des Kalten Kriegs spielt Israel nach
wie vor eine wichtige Rolle in den gemeinsamen Bemühungen beider Länder,
die amerikanischen Interessen zu schützen. Die strategische Kooperation
zwischen den USA und Israel ist inzwischen so weit gediehen, dass man
ohne Übertreibung von einer Allianz sprechen kann. Die amerikanisch-israelischen
Beziehungen sind von Beständigkeit und Vertrauen geprägt: Die Vereinigten
Staaten wissen, dass sie sich auf Israel verlassen können.
Etwas schwieriger ist es, Programme
auf den Weg zu bringen, die die gemeinsamen Werte und nicht nur die
Sicherheitsinteressen beider Länder im Auge haben, und doch gibt es
auch solche Programme. Unter der Bezeichnung Shared Value Initiatives
(SVIs) beschäftigen sie sich mit einem weiten Bereich von Themen wie
Umwelt, Energie, Weltraumforschung, Arbeitsplatzsicherung und Gesundheitsfragen.
Fast 400 amerikanische Institutionen in 47 Staaten, dem District of
Columbia und Puerto Rico werden von binationalen israelisch-amerikanischen
Programmen finanziell unterstützt. Kaum bekannte Verbindungen wie das
Freihandelsabkommen, ein gemeinsames Forschungsprogramm und ein Kooperationsprogramm
für die Region des Nahen Ostens sowie Kontakte zu praktisch allen amerikanischen
Regierungsorganen bezeugen die Tiefe dieser besonderen Beziehung. Noch
wichtiger aber sind vielleicht die engen Bande Israels zu den 50 Einzelstaaten
der USA und dem District of Columbia.
1 Auslandsbeziehungen der Vereinigten Staaten
im Jahr 1947; DC: GPO 1948, S. 1173-4.1198-9.1248.1284. (Von jetzt an
FRUS 1947.)
2 Mitchell Bard: The Water’s Edge and Beyond; NJ: Transaction
Publishers 1991, S. 132.
3 FRUS 1947, S. 1313.
4 Harry Truman: Years of Trial and Hope, Bd. 2; NY: Doubleday
1956, S. 156.
5 John Snetsinger: Truman, The Jewish Vote and the Creation
of Israel; CA: Hoover Institution Press 1974, S. 9-10. David Schoenbaum:
»The United States and the Birth of Israel«, Wiener Library
Bulletin 1978, S. 144n.
6 Peter Grose: Israel in the Mind of America; NY: Alfred A.
Knopf 1983, S. 217. Michael Cohen: »Truman, The Holocaust and the Establishment
of the State of Israel«, Jerusalem Quarterly, Frühjahr 1982,
S. 85.
7 Memorandum der Harriman-Eshkol-Gespräche, 25. Februar 1965;
Memorandum des Gesprächs zwischen Botschafter Avraham Harman und Sonderbotschafter
W. Averill Harriman, 15. März 1965; LBJ
Library; Yitzhak Rabin: The Rabin Memoirs; MA: Little Brown and Company
1979, S. 65-66.
8 Robert Trice: »Domestic Political Interests and American
Policy in the Middle East: Pro-Israel, Pro-Arab and Corporate Non-Governmental
Actors and the Making of American Foreign Policy, 1966-1971«;
unveröffentlichte Dissertation an der Universität von Wisconsin-Madison,
1974, S. 226-230.
9 Memorandum des Gesprächs zwischen Yitzhak Rabin et. al. und
Paul Warnke et al., 4. November 1967; LBJ Library.
10 Israelisches Verteidigunsministerium.
11 Dore Gold: America, the Gulf, and Israel; CO: Westview Press
1988, S. 84.
12 Yitzhak Rabin, Rede auf der Konferenz über »Strategie und
Verteidigung im östlichen Mittelmeerraum«, mit Unterstützung des Washington
Institute for Near East Policy and Israel Military Correspondents
Associsation, Jerusalem; 9.-11.Juli 1986.
13 Ronald Reagan, »Recognizing the Israeli Asset«; Washington
Post, 15. August 1979.
14 New York Times, 9. August 1987.
15 Wolf Blitzer: Territory of Lies; NY: Harper & Row 1989,
S. 201.
16 New York Times, 2. und 21. Dezember 1985.
17 Blitzer, S. 166-171.
18 Alan Dershowitz: Chutzpah; MA: Little Brown & Co. 1991, S. 289-312.
19 Washington Post, 23. Dezember 2000.
20 Ein Großteil dieser Informationen bestätigte sich durch die
Entdeckung von Bandaufzeichnungen von Gesprächen zwischen Schlüsselgestalten
in dem Skandal, »Nightline«, 2. Oktober 1991.
21 Bericht der Kommission zur Untersuchung der Iran-Contra-Affäre;
DC: GPO 1987, S. 164-76.
22 New York Times, 4. Februar 1987.
23 The Tower Commission Report; NY: Bantam Books and Time Books
1987, S. 84.
24 Information der Energiebehörde.
25 Al-Musawwar, 19. Januar 1990
26 S. Steven Emerson: »The ARAMCO Connection«, The New Republic,
19. Mai 1982, S. 11-16; Russell Howe und Sarah Trott: The Power Peddlers;
NY: Doubleday 1977, s. 342-343; Anti-Defamation-League, The
U.S.-Saudi Relationship; NY: ADL 1980, S. 6.
27 Steven Emerson: The American House of Saud; NY: Franklin Watts
1985; S. 36-37; Steven Spiegel: The Other Arab-Israelis Conflict: Making
America’s Middle East Policy from Truman to Reagan; IL: University
of Chicago Press 1985, S. 248-50; Hoag Levins: Arab Reach: The Secret
War Against Israel; NY: Doubleday 1983, S. 51.
28 Steven Emerson: »The Petrodollar Connection«; The New Republic,
17. Februar 1982, S. 18-25; Emerson (85), S. 177-213.
29 Levins, S. 19.
30 Emerson (85), S. 413.